- Sandhatten / 03.06.2020 -


03. Juni 2000 - 03. Juni 2020

Ein Rekord für die Ewigkeit:  305,95m

Der "Adler von Norden" flüchtet den Kloot dreimal über 100 Meter-Marke

     

Nach den 11. Europameisterschaften der Boßler, Feldkämpfer und Klootschießer im Jahr 2000 in Meldorf sollte der Verband Schleswig-Holsteinischer Boßler e.V. (VSHB) erneut Gastgeber, diesmal der 16. Titelkämpfe, sein. Die anhaltende Corona-Pandemie machte den Gastgebern einen Strich durch die Rechnung und erwartet nun die Kämpen im kommenden Jahr vom 13.-16 Mai zum Vergleich.

Bevor sich 2021 die Besten aus Schleswig-Holstein mit ebenso namhafter Konkurrenz aus Oldenburg/Ostfriesland, Holland, Irland und Italien auf der Straße mit der irischen Eisenkugel, im Feld mit dem Hollandkloot und auf dem Stand mit der friesischen Klootkugel messen lohnt ein Blick zurück auf glorreiche Zeiten der Klootschießer. Gerne wünscht man sich diese Brillianz wieder zurück, wird ihnen aber wohl nie wieder näher kommen als beim Aufschlagen eines historischen Belegs vergangener Zeiten.

So sticht denn auch aus der Historie ein Ereignis hervor, das vor 20 Jahren bei eben der 11. Europameisterschaft in Meldorf für stürmische Begeisterung sorgte und als Bestmarke für die Ewigkeit in Granit geschlagen scheint:  Stefan Albarus, der "Adler von Norden", trieb den Kloot dreimal über die magische 100-Meter-Marke und setzte mit 305,95 m einen Rekord für die Ewigkeit.

Der Weg dorthin konnte indes steiniger nicht sein ...

Über Jahre führte Hans-Georg Bohlken die Ergebnislisten im Klootschießen von der Spitze her an. Kaum einer konnte ihn ernsthaft in Gefahr bringen - drei Europatitel in Folge (1984, 1988 und 1992) und der Weltrekord (1985) sprachen eine deutliche Sprache. In seinem Schatten wuchs im Norder Stefan Albarus ("Adler von Norden") ein Kronprinz heran, dessen großer Moment bereits 1996 gekommen schien. Konstante Leistungen um und über die 100-Meter-Marke hoben ihn vor der EM 1996 auf den Favoritenschild und ließen ihn als überragenden Sieger beim Titelkampf am 17. Mai 1996 in Tubbergen (NL) erwarten. Doch er sollte Nerven zeigen ...

Detlef Müller (Mentzhausen) setzte ihn mit beherzten Würfen unter Druck, dem er mit einem verunglückten zweiten Wurf nicht standhalten konnte und gänzlich mit leeren Händen als Vierter das Feld geschlagen verließ. Der sechs Wochen später am 30.06.1996 in Großheide erzielte und heute noch gültige Weltrekord für den weitestens Klootwurf von 106,20m mochte diese Schmach nicht lindern.

Mit Zähigkeit und Konstanz steuerte er auf den nächsten Titelkampf am 03. Juni 2000 in Meldorf zu. Im Vorfeld der EM ließ er sich diesmal nicht in die Karten schauen und mit Qualifikationsweiten glänzen, sondern er präsentierte sich mit mehr Ruhe und Bedacht, allein fokussiert auf diesen einen Tag. Der 03. Juni 2000 sollte zum Tag des Stefan Albarus werden. Drückend überlegen präsentierte er sich der Konkurrenz, allen voran dem ärgsten Rivalen aus dem eigenen Lager, Thore Fröllje (Grabstede), als auch dem Schleswig-Holsteiner Sönke Dreeßen, der vor der EM mit 100er-Würfen erneut auf sich aufmerksam gemacht hatte.

Doch am 03. Juni 2000 war Stefan Albarus allen Gegner gewachsen: Sein erster Versuch schlug bei 102,50m ein und sollte die Zuversicht nähren. Den zweiten Versuch, vier Jahre zuvor noch die Achillesferse seines Wettkampfes, trieb er sicher auf 100,15m. Die eigenen Nerven nun im Zaum und den sicheren ersten Titelgewinn vor Augen jagte er den dritten Versuch auf schier unglaubliche 103,30m und ließ den Europatitel nicht mehr los. Mit 305,95m aus drei Versuchen ließ er einen neuen inoffiziellen Europameisterschaftsrekord in die Bücher eintragen mit dem Hinweis, als erster Teilnehmer eines Klootschießerstandkampfes in einer Europameisterschaft alle drei Wertungswürfe über die 100er-Marke gesetzt zu haben. Dieses Kunststück brachte vor ihm noch keiner zu Werke. Der Kronprinz war endgültig aus dem Schatten des "Bär von Ellens" (Bohlken) getreten. Bohlken hatte zwar sowohl beim ersten Titelgewinn in Garding (1984/Schleswig-Holstein/100,20m) als auch beim zweiten Titelgewinn in Norden (1988/102,20m) je einen Wurf über die 100er-Marke gesetzt, nicht aber jeweils alle drei Wertungswürfe. Dieses Novum blieb dem "Adler von Norden" vorbehalten, der den grandiosen Titelgewinn von Meldorf vier Jahre später bei den Europameisterschaften in Westerstede wiederholen sollte.

Im März 2011 zog sich der "Adler von Norden" vom aktiven Wettkampfgeschehen zurück. Seine Bestmarken, Weltrekord 106,20m und Europabestmarke mit 305,95m für eine EM-Serie aus drei Versuche sind seitdem unangefochten. Man mag versucht sein, die Marken als Fluch wahrzunehmen, kommt doch seitdem kein noch so aussichtsreiches Talent auch nur annähernd an die Rekordweiten heran.

 

 

 

 

Der Rekord im Video festgehalten ...

https://youtu.be/03LSTVOASzI